Star Wars: Edge of the Empire Beginner Game (dt. Star Wars: Am Rande des Imperiums – Einsteigerset). tl;dr: Unter den Gesichtspunkten eines Appetizers für Rollenspiele halte ich diese Box für teuren Nepp, nein, ich gehe so weit, dass ich von Bauernfängerei spreche.
Bereits bei meinem Vergleich der kommenden Shadowrun Beginner Box Set mit der für einige augenscheinlich sakrosankten Gurke, ja, dem Star Wars: Edge of the Empire Beginner Game kam gleich Gegenwind auf. Gut so. Die Spiele sind eröffnet!
„Die heutigen Schnupperboxen (Edge of the Empire, Fake-Red Box von D&D 4) hinterlassen oft den Geschmack, für eine unverbindliche Kostprobe mal eben 20 bis 25 Euro abgedrückt zu haben und sind viel zu schnell „ausgespielt“. Von den riesigen Mogelpackungen fang ich nicht an (da wars früher auch nicht besser), aber Kunden erwarten eigentlich gefüllte Boxen.“
– Tagschatten (31.12.2013)
Blognachbar Tagschatten beschäftigt sich öfters mit dem interessanten Thema Rollenspieleinstieg und geeigneten Produkten.
Übrigens und ganz nebenbei, der Heidelberger Spieleverlag hält in Deutschland die Preise für Originalprodukte von Fantasy Flight Games oft künstlich hoch, um seine später folgenden deutschen Ausgaben preisgünstiger anzubieten. Das Original Star Wars: Edge of the Empire Beginner Game kostet(e) hierzulande offiziell 29,95 € (US $29,95), wenn ich mich recht entsinne und die deutsche Übersetzung wird zurzeit vom Verlag für 24,95 € angeboten. Bei bekannten Online-Händlern gibt es das Einsteigerset noch etwas günstiger. Es braucht keinen diplomierten Betriebswirt, um die Beweggründe zu verstehen, aber muss man als Kunde dieses Geschäftsgebaren unterstützen? Bookdespository bietet oft preisgünstig an und liefert kostenlos nach Deutschland.
[Update 08.01.2014: Angeregt durch einige konstruktive Kommentare und die folgende Diskussion ergänze ich meine Aussagen, da diese bislang augenscheinlich für sich genommen zu Missverständen führen. Der Dollar steht beispielsweise heute bei ca. 1,36 €. Der Heidelberger Spieleverlag (und auch andere Hobbyverlage) bieten (Abenteuer- und Rollen-)Spielimporte zu einem Wechselkurs von 1:1 (Dollarpreis = Europreis!) an. Für Originale bietet sich als Kunde eine Orientierung an einem angemessen umgerechten Dollarkurs an – zumindest mache ich dies in der Regel so.
Beispiel (Stand 08.10.2014 – ca. 15.30 Uhr)
Descent 2. Edition
Preisangabe auf der FFG-Homepage: 79,95 $
Ungefährer Preis nach Umrechnung: 58,81 €
Offizielle Preisangabe Heidelberger Spieleverlag: 59,95 € (dt. Ausgabe), 79,95 € (engl. Ausgabe)Aktueller Preis (engl. Ausgabe) bei bookdepository.co.uk: 58.52 €, bookdepository.com: 55,41 €
(Achtung! Lieferzeit jeweils ca. 2 Wochen, häufig wechselnde Preise)
Selbstverständlich gibt es auch Anbieter in Deutschland (z. B. Cosimshop, Magierspiele, etc.). Entsprechende Stichproben zeigten, dass keiner 79,95 € für die Orignalversion von Descent 2nd Edition verlangte. Die Preise lagen jeweils in der Nähe des in Euro umgerechneten Dollarkurses (und damit dem Preis der deutschen Ausgabe).
Geiz ist nicht geil und support your local dealer, wenn es einen gibt. Ich für meinen Teil bin jedoch – im gegebenen Wechselkursrahmen – nicht bereit, eine 1:1-Umrechung für Originalversionen zu unterstützen. Jeder entscheidet selbst über seine Zahlungsbereitschaft … ]
Da wir schon dabei sind, außer ein paar Tokens (Pappkameraden für Charaktere, Monster und Raumschiffe) und Spezailwürfel, was bietet das Star Wars: Edge of the Empire Beginner Game, dass wir nicht in vergleichbarer Form jährlich unter den Free RPG Day-Angeboten finden können und zwar kostenlos?
Die Antwort ist einfach: $tar War$, also nichts sonderlich Spannendes!
Wer es nicht glaubt, dem sei das Blog Einige Seiten des Buch Eibon empfohlen, dort gibt es eine nicht mehr ganz aktuelle, aber nichtsdestoweniger sehr interessante Liste mit Einsteiger-, Kurz- und Schnellstartregeln für Rollenspieler und ihr Preis beträgt normalerweise: Niente, Nada, Nichts, Nullinger!
Darüber hinaus bekommt man für sein Geld eine Verpackung, die gerne bereits beim ersten Öffnen Auflösungserscheinungen zeigt.
Ein 32-seitiges Adventure Book mit einer „offenen Sandbox“, der Stadt Mos Shutta auf dem Planeten Tatooine, die sich schlauchartiger als ein Dungeon aus den 70ern anfühlt.
„… Hopefully, the PCs [Player Characters] won’t attempt to climb down the rocky cliff or otherwise leave Mos Shuuta without stealing the ship. If they try, explain that the cliff is to sheer and the only entrance or exit that isn’t the spaceport is very heavily guarded …
… players are strongly encouraged to proceed in the order presented here … “
– Star Wars: Edge of the Empire Beginner Game – Adventure Book, p. 6
Mensch ärgere Dich nicht – bietet beinahe mehr Handlungsoptionen als diese nebenan zum Besten Abenteuer 2013 gekürte Meisterleistung des Rollenspiels, denn in diesem Stil geht es munter durch sechs Encounter und einige Abenteuervorschläge. Elektionsstörung?
Was auch immer die intrinsische Begründung für diese Anerkennung in der Nachbarschaft sein mag, ich bin hier draußen und frage mich, inwieweit die Form die Bewertung des Inhalts beeinflusst. Füllmaterial und Gedöns, bunte Bildchen, ein ziemlich überflüssiges Miniregelwerk ohne großen Mehrwert und ein knappes, unzureichend designtes Abenteuer sind nicht genug – für mich.
„Did you hear that? They shut down the main reactor. We’ll be destroyed for sure. This is madness. We’re doomed.“
– C3P0 (Star Wars: A New Hope)
Zwischenfrage: Was wäre Star Wars ohne die Macht und die Jedi? Noch langweiliger!
Nerd-Shitstorm, bitte hier entlang: Die Suspension of Disbelief – also die willentliche Aussetzung der eigenen Ungläubigkeit – greift bei mir nicht mehr, die Serie wartet einfach mit zu vielen Ungereimtheiten und Plotholes auf. Als Kind mochte ich die Orignalfilme, doch mittlerweile ist selbst Star Wars: Episode IV – A New Hope nahezu unsehbar geworden. Erst Brain AFK und dann vollends abschalten.
„Fairy-tale rubbish but could be interesting perhaps …
… new rubbish dialogue reaches me every other day on wadges of pink paper – and none of it makes my character clear or even bearable.“
– Alec Guinness (aka Ben Kenobi) about Star Wars
„Märchenmüll“ hin oder her, die Macht, dieses tragende Element der Filme kommt in diesem Rollenspielappetitanreger praktisch gar nicht vor. Funktioniert Blade Runner ohne Replikanten oder Dungeon & Dragons ohne Zauberer? Im vollständigen Star Wars: Edge of the Empire-Rollenspiel wird Spielern und Marketingopfern schließlich zumindest der Force Sensitive zugestanden. Wow, beeindruckend. Warten und noch zwei oder drei Regelwerke kaufen, bis endlich die Spielregeln für die „richtigen“ Jedi zur Verfügung stehen. Mit diesem ausgeklügelten Produktdesign bespaßt der Hersteller treue Fans. Der Erfolg mag ihnen recht geben: Ma$$e statt Kla$$e setzt sich durch!
Im verhältnismäßig redundanten Rulebook des Star Wars: Edge of the Empire Beginner Game, welches die bekannten Regelerläuterungen aus dem Adventure Book zusammenfasst und marginal ergänzt, tauchen die Laserschwertmeister ebenfalls nicht auf, stattdessen wird ein Regelextrakt mit wenigen Raumschifftypen und Gegenspielern angereichert. Das Spielsystem erinnert stark an die gefloppte und still und heimlich begrabene 3. Edition des Warhammer-Rollenspiels, allerdings ohne quasiobligatorische Sammelkarten. Kein Wort über eine eigenständige Charakter- oder gar Abenteuererschaffung.
Stattdessen verweist ein beigelegter Flyer auf das kostenlose Downloadabenteuer The Long Arm of the Hutt (46 Seiten). Für dessen deutsche Übersetzung Der Lange Arm des Hutt muss man sich sogar bei drivethruRPG anmelden. Diesen Kundenunservice schlägt nicht einmal Fantasy Flight Games, dort bekommt man die Fortsetzung einfach so.
Das war es dann mehr oder minder. Die doppelseitige Karte, vier vorgefertigte Charakterbögen, ein paar Pappspielsteine und Würfel ersetzen keine Unterstützung zur Entwicklung eigener Ideen und Abenteuer. Ohne Bonusszenario aus dem Internet dürfte nach gut 4 Stunden, spätestens aber nach zwei Nachmittagen Schluss mit lustig sein.
Die Pappkameraden könnten eigentlich eine preiswerte Alternative für Miniaturen sein, dummerweise wird das Konzept in keiner Erweiterung des Star Wars: Edge of the Empire RPG fortgeführt. Nach dem ach so tollen Star Wars: Edge of the Empire Beginner Game hat man also zum Spielen zu wenig und zum Wegwerfen ist das Spielmaterial dann doch zu teuer.
Das Adventure Book mit den vier Beispielcharakteren ginge als Free RPG Day-Modul durchaus in Ordnung, aber das Ganze als Einsteigerrollenspiel zu verkaufen, ist in Anbetracht des Marktangebots ein schlechter Scherz.
Als erfahrener Rollenspieler ist das zugegebenermaßen ansehnlich bunte Star Wars: Edge of the Empire Beginner Game vollkommen belanglos und überflüssig. Anfänger werden auf eine falsche Fährte gelockt, Rollenspiel ist in meinen Augen weitaus mehr als das Wiederkauen von Produkten des Verlags. Im Netz wird eine Vielzahl kostenloser Schnellstartregeln angeboten, die in etwa dasselbe leisten.
Wer unbedingt ein wenig Geld investieren will, der versucht es besser mit der Pathfinder Roleplaying Game: Beginner Box* (Paizo, Ulisses Spiele (dt.)) oder mit dem Dragon Age RPG (Set 1, Green Ronin). Das Einstiegsniveau ist bei beiden Alternativen vergleichbar, aber sie bieten einfach mehr Rollenspiel(optionen).
Gänzlich unverzagte Fans des milliardenschweren, sogenannten „Fairy-tale rubbish“ von George Lucas sind mit dem Star Wars: Edge of the Empire RPG – ohne Beginner (!) – und einem Würfelset besser bedient, wenn sie sich The Long Arm of the Hutt umsonst herunterladen. May the Force be with you. You will need it. Achso, Jedi-Ritter gibt es ja noch nicht.
Fantasy Flight Games wird seinen Kladderradatsch so lassen, weiter abkassieren, aber sie könnten es auch richtig machen.
* Ja, wenn ich das Star Wars: Edge of the Empire Beginner Game betrachte, empfehle ich ein Pathfinder-Produkt.
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