Fantasy Filmfest. Am Mittwoch startete in Stuttgart das Fantasy Filmfest mit The Congress – einem echten Knaller von Ari Folmann (Waltz with Bashir).
Science Fiction verkommt in den letzten Jahren sowohl auf der großen als auch auf der kleinen Leinwand immer mehr zu einem Spielfeld reaktionärer Ideen.
Hip hip hooray, Filme wie Book of Eli, Star Wars, Star Trek, Oblivion und World War Z zeichnen immer wieder mit der visionären Strahlkraft von Marschflugkörpern das Bild einer zwar hochtechnisierten, aber gleichzeitig ideologisch rückwärtsgewandten Size-Matters-Macho-Zukunkt. Der mit dem längsten … gewinnt.
Glücklicherweise gibt es einige gelungene Gegenentwürfe. Anstatt jegliche Frage oder Unklarheit mit dem Feuereifer aufgewiegelter Rednecks auszumerzen, geben cineastische Dystopien wie Blade Runner, District 9 oder Gattaca vielschichtige Denkaufgaben mit auf den Weg.
The Congress mit Robin Wright und Harvey Keitel gehört eindeutig eher zu den letztgenannten Perlen. In dem auf „The Futurological Congress“ von Stanislaw Lem basierenden Film spielt Robin Wright sich selbst. Sie altert, ihre Karriere befindet sich aufgrund diverser Fehlentscheidungen in einer Abwärtsspirale und ihr Sohn leidet an einer unheilbaren Krankheit. Der ehemalige Star von Miramount wird nach zähen Verhandlungen schließlich eingescannt, damit mit ihrem Image und profanen Machwerken noch einmal richtig abkassiert wird. Reich belohnt und zumindest für die 20-jährige Vertragslaufzeit „forever young“ verliert sie ihre Identität und sich selbst in der Virtualität prächtig animierter „chemical fantasies“.
„It’s all in your head“ und 20 Jahre später verleiht die mittlerweile umfassend konsumierbare Stilikone ihren Zweifeln auf dem fantasierten Kongress eine Stimme, doch erwartungskonform zeigen sich weder die Chefetage des Medienkonzerns noch die Masse der entfesselten Identitätsnacheiferer sonderlich begeistert …
Das originelle Zusammenspiel der Schauspieler, der Real- und Animationssequenzen und des großartigen Soundtracks provozieren zum Mitdenken und die eigene Imaginationskraft.
Die herumkritelnden Kommentare auf der alljährlichen Kommentarwand zeigen wieder einmal, dass die scheinbar immer mehr überhandnehmenden „emotionsgehandicapten“ Blut- und Eingeweide-Filmfestnerds mit einem FANTASY-vollen The Congress wenig anfangen können. Nach dem Abspann hört und liest man von Fleischwolfpoesieliebhabern „Kitschig“ oder „langweilig“. Aha, Rob Zombies The Lords of Salem wartet auf euch. Alles eine Frage der eigenen Emotionen, Identität und Wahrnehmung, womöglich möchte man deshalb manchmal die trauige Wahrheit, Wirklichkeit neu erfinden.
Schön, dass sich die Festivalmacher dem vermeintlichen Metzeldiktat nicht vollends unterwerfen und zumindest zwischendurch „richtige“ FANTASY-Filme zeigen.
The Congress beweist, es gibt noch Genrefilme mit Stil und Substanz. Voraussichtlich ab dem 12 September normal im Kino. Bitte ansehen und Gehirn einschalten …
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