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Schnutenbach: Interview mit dem Autor Karl-Heinz Zapf

Schnutenbach - Der Zirkus des Schreckens (Image: Mantikore-Verlag)

Schnutenbach – Der Zirkus des Schreckens (Image: Mantikore-Verlag)

Mantikore-Verlag. Karl-Heinz Zapf, der Autor der systemunabhängig verwendbaren Fantasy-Dorfbeschreibung Schnutenbach – Böses kommt auf leisen Sohlen und der vor Kurzem veröffentlichten Abenteuersammlung Schnutenbach – Der Zirkus des Schreckens, stellt sich einigen Fragen über sein aktuelles Projekt und seine weiteren Pläne.

Hallo Karl-Heinz, vor wenigen Tagen veröffentlichte der Mantikore-Verlag aus Frankfurt Dein Universalabenteuer Schnutenbach – Der Zirkus des Schreckens. Gib uns doch mal einen kurzen Überblick (Elevator Pitch) aus Deiner Sicht. Was macht diesen Band für Dich besonders?
Zunächst einmal muss ich zugeben, dass ich mich mit diesem Band einigermaßen verzettelt hatte – denn er wäre aufgrund von vielen kleineren Szenarios, aber auch Ergänzungen zur Dorfbeschreibung weit umfangreicher geworden als vorgesehen. Irgendwann habe ich dann aber gemerkt, dass dies einfach zeitlich und finanziell einfach völlig den Rahmen gesprengt hätte und bin eifrig „zurück gerudert“ … Dies aber nur am Rande.

Dennoch ist der Abenteuerband rund geworden und bietet einiges. Mir persönlich gefällt sehr gut, dass altes und neues Material zusammen gekommen ist, um somit die Möglichkeit zu bieten, weitere Geschichten von Schnutenbach zu erzählen. Das allererste Abenteuer, das ich jemals für meine Dorfbeschreibung geschrieben habe – nämlich „Die Mission des Magiers“ ist dabei ein absolut klassisches Einstiegsabenteuer und ermöglicht es Spielleiter und Spielern, einige wichtige Personen im Dorf kennenzulernen und dennoch sofort in die Action einzusteigen. Und das große Hauptabenteuer „Der Zirkus des Schreckens“ – das dem Band ja auch seinen Namen gibt – spielt sich eigentlich nur in Schnutenbach ab und bietet einiges an Spannung und Interaktion mit sowohl Dorfbewohnern wie auch einer sehr bunten Zirkustruppe.

Was macht den Band für mich besonders? Tja, eigentlich in erster Linie, dass er überhaupt erschienen ist, nachdem ich nun schon lange an Schnutenbach herum fabuliere. Ich wollte das Material eben interessierten Rollenspielern (und -spielerinnen) endlich zugänglich machen und damit meinen kleinen Anteil zum Hobby beisteuern … Denn: „Wer schreibt, bleibt. Wer nur spricht, nicht.“ ;-)

Schnutenbach - Böses kommt auf leisen Sohlen (Image: Mantikore-Verlag)

Schnutenbach – Böses kommt auf leisen Sohlen (Image: Mantikore-Verlag)

Nach eigenem Bekunden beinhaltet Der Zirkus des Schreckens altes und neues Material aus über 15 Jahren. Sicherlich gibt es die eine oder andere (Spieltest-)Anekdote. Erzähl uns doch ein wenig über die Geschichte des Spielmaterials und wie lange arbeitest Du konkret an dieser Abenteuerzusammenstellung.
Natürlich gibt es da einige Anekdoten, auch wenn diese mir leider – wie könnte es auch anders sein – jetzt absolut nicht einfallen wollen. Da ich auf sehr vielen Cons unterwegs bin und meine Abenteuer leite, kommen da viele Erlebnisse und Geschichten zusammen. Zuletzt hatte ich erst kurz vor der Veröffentlichung das Abenteuer „Die Mission des Magiers“ erneut angeboten und auf der MantiCon geleitet. Da war vor allem die sehr ungewöhnliche – und nur wenig Rollenspiel-erfahrene – Gruppe sehr lustig zu beobachten. Überhaupt finde ich es spannend zu sehen, wer sich alles beim Rollenspiel an einen Tisch sitzt und nach wie vor faszinieren mich die verschiedenen Spielstile und die Leute, die dahinter stehen.|

Seit ich vor vielen Jahren mit der Arbeit am Dorf Schnutenbach begonnen hatte, hatte ich immer wieder Interesse daran, eben noch ein wenig an den Ecken und Kanten zu feilen, Neues hinzuzufügen und natürlich auch Dinge zu ändern. Somit ist die Ansiedlung also tatsächlich im Laufe der Zeit „gewachsen“. Wie schon erwähnt beinhaltet der Band dabei Material aus der Zeit von vor über 15 Jahren, aber eben auch Abenteuer, die ich völlig neu eigens dafür geschrieben habe; die Ortsbeschreibung „Das Gasthaus am Galgenbaum“ wurde aus einem älteren Text – der eigentlich für eine lange Kampagne gedacht war – extrahiert, neu umgestaltet und angepasst und bietet nun einen Hintergrund für eher zwielichtige Charaktere, die sich mal in einer ebenso ungewöhnlichen wie unheimlichen Umgebung treffen wollen, um ihren verbotenen Geschäften nachzugehen …

Die reine Arbeitszeit kann ich allerdings leider nicht benennen, denn wie gesagt floss bereits vorhandenes Material mit ein und musste nur entsprechend überarbeitet werden. Und da ich auch noch ein echtes Leben und so einige andere Hobbys habe, konnte ich natürlich nicht jeden Tag an dem Buch arbeiten. Vom Beginn der echten Arbeit am Abenteuerband bis zu seiner Veröffentlichung verging aber wohl ungefähr ein Jahr.

Schnutenbach - Der Zirkus des Schreckens: Ritual (Image: Mantikore-Verlag)

Schnutenbach – Der Zirkus des Schreckens: Ritual (Image: Mantikore-Verlag)

Ich finde, es bedarf keines Kriegshammers, doch auch nach Deiner weitreichenden Überarbeitung sind noch immer einige Wurzeln (Alte Welt, Rokugan (L5R)) auszumachen. Was fasziniert Dich an diesen besonderen Spielwelten und was inspiriert Dich darüber hinaus.
Ich sags mal so – gute Spielwelten und -hintergründe sind wohl für alle RollenspielerInnen faszinierend. L5R bietet eine immens konfliktgeladene Spielwelt, bei der es keine einfachen Entscheidungen oder Lösungen gibt. Und die Alte Welt ist insofern besonders, als dass sie bestehende Fakten und eine „echte“ Welt mit typischer Fantasy auf spannende Art und Weise vermischt. Warum soll ich mich mit einem Hintergrund oder einer Spielwelt abgeben, die nicht so viel zu bieten hat? Ich denke, wir alle haben unsere Zeit ja nicht gestohlen und obwohl es sich „nur“ um ein Hobby handelt, ist es wichtig, sich dabei die Rosinen herauszupicken. Ich würde nie mehr ein Rollenspielsystem spielen wollen, bei dem mich das Studium der Regeln oder der unzähligen Supplements, um mich nur einigermaßen mit dem Konstrukt des Drumherums auszukennen, alleine schon Stunden, Tage oder gar Wochen in Anspruch nimmt (und wir wissen alle, dass es solche Regelwerke gibt). Das ist Zeit, die mir zum Spiel mit Freunden oder völlig Unbekannten fehlt, Zeit, die ich mit ihnen weit besser verbringen kann. Und wo ich mich dann wirklich verabschiede, sind zeit- und nervenfressende Regel- oder Hintergrunddiskussionen oder die Erstellung eines Charakters, bei dem ich über Stunden beschäftigt bin. Nein, es geht ums Spiel und den Spaß, nicht darum, ein möglichst kompetenter Bücherwurm zu sein!

Sonstige Inspiration finde ich eigentlich überall um mich herum. Filme, Serien, Bücher, LARP usw. Manchmal genügt es, eine Szene in einem Film zu sehen, damit daraus eine Idee oder sogar die Basis für eine Location oder ein ganzes Abenteuer entsteht. Ein Beispiel: Neulich lief mal wieder die Neuverfilmung von „Kampf der Titanen“ im Fernsehen; obwohl ich den Film nicht so gut finde, muss ich zugeben, dass mich der Schauplatz des Kampfes gegen Medusa sehr beeindruckt hat. Das ist eine großartige Umgebung für einen Showdown in einem Dungeon.

Schnutenbach - Der Zirkus des Schreckens: Steinkreis (Image: Mantikore-Verlag)

Schnutenbach – Der Zirkus des Schreckens: Steinkreis (Image: Mantikore-Verlag)

Du kommst aus der Pen & Paper-Ecke, bist aber auch passionierter LARPer. Was fasziniert Dich an beiden Spielarten besonders. Siehst Du irgendwelche Verbindungen oder wesentliche Unterschiede? Lassen sich aus Deiner Sicht Ideen und Konzepte in die unterschiedlichen Spieltraditionen übertragen?
Pen & Paper und LARP beeinflussen und befruchten sich mit ihren Ideen und Spielstilen gegenseitig, ganz klar. Jeder, der zum ersten Mal auf einem LARP ist, profitiert eindeutig von einer bereits vorhandenen Rollenspielerfahrung. Dennoch sollte man bedenken, dass sich beide Spielarten auch voneinander unterscheiden. Für mich ist das Live-Rollenspiel allerdings die konsequente und sinnvolle Fortsetzung des Rollenspiels im heimischen Wohnzimmer. Denn man weiß eben nicht, wie sich ein Kettenhemd anfühlt, wenn man noch nie selbst eins stundenlang getragen hat. Daher profitiert auch das Rollenspiel von den Erfahrungen, die man beim LARP gemacht hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir es früher als ganz normal ansahen, dass unsere Charaktere in voller Rüstung schlafen. Und nein, wenn man das mal beim LARP versucht hat, dann weiß man, dass das keine allzu gute Idee ist. Genauso, wie Nachtwachen wirklich anstrengend sind. Hat man das „live“ erlebt, dann kann man weit besser nachvollziehen, was sich im Rollenspiel eigentlich abspielt.

Was spielst Du derzeit (regelmäßiger) und welche (Rollen-)spiele würdest Du in nächster Zeit gerne spielen?
Wir spielen gerade eine Kampagne in der Alten Welt, allerdings findet unsere Gruppe leider wenig Zeit für regelmäßige Runden. Schon sehr, sehr lange reizt es mich, mal ein Abenteuer für „Degenesis“ zu schreiben und dann auch zu spielen; aber auch hier steht dem gut gemeinten Vorhaben leider ein massiver Zeitmangel entgegen – es nimmt eben Zeit in Anspruch, Abenteuerbände fertigzustellen. Und gerade weil ich so vieles bei den Schnutenbach-Bänden in Eigenregie mache (neben den Texten das Layout und die anfallenden Korrekturen), muss ich hierfür viel Zeit einplanen.
Was ich aber fest vorhabe ist eine Überarbeitung und Erweiterung meines „Das Vermächtnis von Constant Drachenfels“-Abenteuers; denn das biete ich immer wieder mal mit großem Erfolg auf Conventions an – irgendwie habe ich da scheinbar genau den richtigen Ton getroffen und das Setting ist ebenfalls sehr spannend …

Und klar, mich würde eine Kampagne in Rokugan – oder wenigstens hier und da mal ein Abenteuer – sehr reizen. Für mich ist dieses Rollenspielsystem mit seinem faszinierenden Hintergrund noch immer eins der herausfordernsten für die Spieler, das jemals erschienen ist.

Schnutenbach - Der Zirkus des Schreckens: Ruine (Image: Mantikore-Verlag)

Schnutenbach – Der Zirkus des Schreckens: Ruine (Image: Mantikore-Verlag)

Aus meiner Sicht bist Du sehr umtriebig in der Rollenspielszene unterwegs. Du arbeitest unter anderem für einen Rollenspielverlag, engagierst Dich für einen Verein in Augsburg und bastelst mehr oder minder kontinuierlich an eigenen Abenteuern für Tischrunden oder Materialien für irgendein LARP. Wie nimmst Du das Hobby und das Drumherum gegenwärtig wahr.
Tja, dazu muss ich tatsächlich sagen, dass aufgrund des extremen Zeitmangels in meiner Freizeit, den ich mir ja selbst aufgebürdet habe, manchmal bei meinen Spieleaktivitäten etwas zurückstecken muss. Aber wer mich kennt, der weiß ja, dass es für mich nie ganz „ohne“ geht. Daher bin ich immer interessiert an Conventions, an denen ich noch nicht teilgenommen habe, besuche aber auch gerne solche Klassiker wie den „Con der langen Schatten“, um da unter Freunden einige Tage und Nächte in Ruhe zu zocken und über unser tolles Hobby zu palavern. Und gewisse Termine wie die SPIEL in Essen oder die RPC in Köln, aber auch das „Conquest of Mythodea“ sind jedes Jahr auf jeden Fall Pflicht.

Aufgrund meiner Erfahrungen bei den RPG-Veröffentlichungen habe ich natürlich einen weit tieferen Einblick in die große weite Welt der Rollenspiele gewonnen und fachsimple gerne mit Freunden über das, was zurückliegt und was uns noch erwartet. Viele Dinge vermisse ich – wie z. B. die simple erste Ausgabe von „Das Schwarze Auge“, mit der ich angefangen habe – aber ich freue mich auch über die vielen neuen Publikationen, die es immer noch gibt. Zum Glück für uns Spiele-Nerds.

Ich denke, es stehen uns in den kommenden Jahren noch viele spannende Ereignisse in der Rollenspiel-Szene bevor und gerade im Jahr 2014 stehen ja auch einige mit Spannung erwartete Neuerscheinungen an. Es bleibt eben ein Abenteuer …

Schnutenbach - Im Hort des Ogermagiers (Image: Mantikore-Verlag)

Schnutenbach – Im Hort des Ogermagiers (Image: Mantikore-Verlag)

Wie sieht es mit der Schnutenbach-Homepage aus oder kannst Du bereits etwas über das nächste Abenteuer Im Hort des Oger-Magiers verraten? Was planst Du ansonsten in nächster Zukunft?
Asche auf mein Haupt! Die Homepage sollte eigentlich schon lange online sein und den treuen Fans von Schnutenbach kostenlose Downloads und mehr – denn Material ist ja wirklich mehr als genug vorhanden – bieten. Mir ist es wirklich sehr wichtig, der Szene genügend Nachschub zu liefern und damit das Dorf und seine Umgebung am Leben zu erhalten. Aber auch hier war Zeitmangel einfach das Problem. Doch ich denke, dass sich zumindest im Laufe des Jahres noch einiges tun wird.

Auf „Im Hort des Oger-Magiers“ freue ich mich schon ganz besonders. In diesem zweiten Abenteuerband wird sehr viel neues Material zu finden sein, darunter das titelgebende Abenteuer, aber auch eine Beschreibung der Holzfällersiedlung Stammhausen sowie „Spuk auf Burg Altenklamm“. Das sind alles persönliche Favoriten von mir und so gut wie alle Grafiken sind hierfür bereits vorhanden, so dass ich in den kommenden Tagen mit Volldampf loslegen kann. Außerdem möchte ich es beibehalten, dass zu Beginn ein relativ kurzes Einstiegsabenteuer den Band quasi eröffnet – in diesem Fall wird dies „Die Expedition der Zwerge“ sein. Ich schätze, der zweite Abenteuerband dürfte in etwa so umfangreich wie der erste werden und bietet damit wieder Material für viele Spielstunden. Leider ist darüber hinaus beim Mantikore-Verlag (noch) kein weiterer Band geplant, der gedruckt werden soll. Aber wenn die Fans die Bücher gut finden, dann kann sich da natürlich noch alles ändern.

Vielen Dank. Noch ein paar abschließende Worte?
Ich finde es klasse, dass ich diesem immer fantastischen und kommunikativen Hobby – trotz manchmal ungünstiger Lebensumstände – so lange die Treue halten konnte und mir mit den Veröffentlichungen um Schnutenbach jetzt eine Art von Traum erfüllen kann. Gerade die vielen Bekanntschaften auf Conventions und die vielen Stunden des Spiels möchte ich nicht mehr missen.

In diesem Sinne – spielt weiter und lasst die Würfel glühen!

Dem gibt es nicht mehr viel hinzuzufügen. Wie unlängst an anderer Stelle angedeutet, gehörte Karl-Heinz Zapf einige Jahre als Mitspieler und Spielleiter unserer Spielrunde an. Gewappnet mit dem originären Warhammer-Rollenspiel suchten wir immer wieder die die Alte Welt heim. Das Dorf, die Abenteuer oder zumindest Versatzstücke sind also aus dieser Zeit bestens bekannt. Im Schatten des Nostalgie- bzw. Old School-Faktors fällt es mir deshalb schwer, mich unvoreingenommen diesem Thema anzunähern. Wir hatten eine Menge Spaß mit dem Dorf an der Schnute. Happy Gaming!

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