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Judith C. Vogt über Eis und Dampf – Das Rollenspiel & Das Schwarze Auge

Eis und Dampf von Christian Vogt, Judith Vogt, Eevie Demirtel, u.a. (Image: Feder & Schwert)

Eis und Dampf von Christian Vogt, Judith Vogt, Eevie Demirtel, u.a. (Image: Feder & Schwert)

Judith C. Vogt. Die bekannte Mehr-als-nur-Das Schwarze Auge (DSA)-Autorin (Friedlos, etc.) stellt im nachfolgenden Interview vorrangig Eis und Dampf – Das Rollenspiel (Arbeitstitel) vor. Sie, Christian Vogt – ihr Mann und Mitverfasser der initialen Romanvorlage Die Zerbrochene Puppe – sowie einige andere arbeiten gegenwärtig an diesem Hobbyprojekt. Doch keine Sorge, der Deutschen liebstes Rollenspiel wird nicht unerwähnt bleiben.

Der Verlag Feder & Schwert veröffentlichte neben dem gleichnamigen und preisgekrönten Steampunk-Roman Die Zerbrochene Puppe auch die daran anknüpfende Anthologie Eis und Dampf. Die Autorin geht zurzeit jedoch davon aus, dass der Mannheimer Herausgeber mit dem Rollenspielprojekt wenig bis nichts zu tun haben wird. Gleichwohl soll sich die Gestaltung des Steampunk-Rollenspiels an der zuletzt genannten Geschichtensammlung orientieren. Änderungen selbstredend vorbehalten.

Bevor es richtig losgeht, noch ein kurzer Disclaimer: Die Nachbarn vom Dorpcast sind Frau Vogt bekanntermaßen schon seit Längerem sehr zugetan. Ich bin eher zufällig via Twitter über sie gestolpert, nein, gezwitschert. Unter anderem sind wir beide bekennende Fans der BBC-Serie The Musketeers. Damit nicht genug, auch wenn es arg geschmeichelt klingt, aber ihre spitzfindige Art den Alltag und darüber hinaus zu kommentieren (Moments of Argh), macht @JudithCVogt immer wieder zu meinen liebsten Mitzwitscherinnen. Ansonsten bestehen keinerlei Verbindungen. Doch genug der Vorrede.

Ihr plant ein Rollenspielbuch zu Deinem Roman Die Zerbrochene Puppe. Worum geht es in dieser Geschichte und was ist die Motivation für das Rollenspiel?
Die zerbrochene Puppe spielt in unserer Welt, jedoch sind im 9. Jh. n. Chr. Vulkane auf Island ausgebrochen und haben eine Eiszeit ausgelöst. In dieser immer noch andauernden Eiszeit des 19. Jh. ist der Künstler Naðan von Erlenhofen auf der Suche nach der Leiche seiner ermordeten Frau, der Physikerin Æmelie von Erlenhofen.
Die Eiszeitwelt bildet dabei eine ungewöhnliche Steampunk-Kulisse, die vielen Lesern offenbar so gut gefiel, dass sie sich weiteres Futter wünschten. Das resultierte im erfolgreichen Crowdfunding für die Kurzgeschichten-Anthologie Eis und Dampf – sowie in unserem ganz persönlichen Wunsch, ein Rollenspiel dazu rauszubringen. Privat spielen wir schon seit einiger Zeit immer mal wieder im Firefly-Style in der Puppen-Welt.

Die Zerbrochene Puppe von  Judith Vogt und Christian Vogt (Image: Feder & Schwert)

Die Zerbrochene Puppe von Judith Vogt und Christian Vogt (Image: Feder & Schwert)

Wer ist Ihr? Wer arbeitet alles an dem Projekt?
Mein Mann Christian und ich haben zusammen Die zerbrochene Puppe geschrieben. Das war unser erster gemeinsamer Roman. Als dieser dann im vergangenen Jahr den Deutschen Phantastik Preis für den besten deutschsprachigen Roman erhielt, fanden sich fünf Mitstreiter von unserem Autorenkollektiv AK Zwanzig13 sowie fünf weitere Autoren zum „dreckigen Dutzend“ der Eis und Dampf-Anthologie zusammen, die wir zusammen mit Feder & Schwert als Crowdfunding über startnext realisiert haben. Von diesen Autoren wiederum arbeiten nun gleich mehrere auch am Rollenspiel mit (Henning Mützlitz, Christian Lange, Mike Krzywik-Groß, Stefan Schweikert und Hannah Möllmann [die die Karte zu Eis & Dampf gezeichnet hat]). Dazu gekommen sind außerdem Dominic Hladek, Sarah Manthey, Stephan Frings und Klaus Erkens.

Soweit ich weiß, soll Spiel auf Fate Accelerated / Core basieren. Warum?
Eis und Dampf soll ein Settingband zu FATE Core werden. Wir benutzen bislang in unserer privaten Runde FreeFATE, aber FATE Core ist die aktuellere Version. Wir sind selber über den Umweg zu Savage Worlds (SW) auf FATE gekommen. SW bietet teilweise ähnliche Regelmechanismen, FATE finde ich persönlich noch etwas „fluffiger“, intuitiver und freier. Man muss sich nicht lange einlesen, sondern kann direkt loslegen.

Welche Rollen (High Concepts, Klassen, etc.) seht Ihr vor und was ist gemeinhin der Ansporn der Charaktere (klassische Helden/Murder Hobos (Das Schwarze Auge), Agenten gegen eine Vampirverschwörung (Night’s Black Agents), etc.)?
Da gibt es viele Möglichkeiten. Das System und die Welt sollen sehr frei bleiben. Wir geben Ideen für unterschiedliche Themengruppen und Settings. Möglich ist alles von Schmuggler-Luftschiffpiraten (wie gesagt, im Firefly-Stil) bis hin zu Hansesicherheit vs. Shellie-[künstliche Menschen]Verschwörung (das wäre dann etwas im Stil von X-COM / James Bond). Es wird Beispielcharaktere von eher pulp-/steampunk-stereotypen Grundkonzepten wie „Verrückter Wissenschaftler“ bis zu eher ungewöhnlichen Ideen wie „österreichische Terroristin im osmanisch besetzten Wien“ geben. Letztlich wollen wir die Welt mit mehreren Ansätzen für Konflikte und Verschwörungen als Grundlage bieten, und was sich dann darin abspielt, kann mehr oder weniger übernatürlich, mehr oder weniger witzig und mehr oder weniger abenteuerlich sein, je nach Vorliebe.

Im Grunde ist Die zerbrochene Puppe ein Abenteuerroman, und demnach bietet sich auch im Rollenspiel die Möglichkeit, als Pionier in einer noch nicht vollständig erforschten Welt unterwegs zu sein. Amerika zum Beispiel ist niemals entdeckt worden. ;)

Dein Roman wird dem Genre Steampunk zugeschrieben? Steam verstehe ich noch, aber Punk sehe ich dabei in aller Regel nicht. Was bedeutet Steampunk für Dich und darf ich Dich nach Deinen Inspirationen fragen?

Was macht der Punk im Steampunk? Ursprünglich kommt das Wort ja einfach vom Wort Cyberpunk, aber auch über die Wortklauberei hinaus ist Steampunk punkig. Zum einen hat es sich bei uns als Subströmung des Gothic etabliert, also sind Steampunks auch rein äußerlich schon eher unorthodox. Aber auch auf der inneren Ebene ist Steampunk Punk: Das Motto des Steampunk „Love the Machine, hate the Factory“ zeigt für mich alles, was das Genre ausmacht: Die Liebe zu Entdeckungen, Erfindungen und Selbstgemachtem, und dabei den Hass auf die Ausbeutung, die Industrialisierung, die Degradierung von Menschen zur Arbeitskraft und die Teilung unserer Lebenswelt in Arm und Reich. Das ist in vielen Steampunk-Romanen Thema und ist auch ein treibendes Element in der Puppe.

Und auch, wenn die wenigsten von uns heute am Fließband in Fabriken schuften, hält ein phantastisches Genre damit der Gegenwart und der jüngeren Vergangenheit einen Spiegel vor. Deshalb – doch, für mich ist Steampunk auch Punk.

Eis und Dampf - Ösiterroristin (Image: Eis und Dampf)

Eis und Dampf – Ösiterroristin (Image: Eis und Dampf)

Wie sieht generell Eure Planung für Eis und Dampf aus? Wo steht Euer Projekt gerade, wann können wir – grob – mit etwas Vorzeigbaren rechnen.
Wir haben die Startphase mit Themen- und Seitenplanung gerade hinter uns. Zum Layout wird schon gebrainstormt, und die Texte sollen Ende Februar fertig sein. Wann es dann erscheinen wird, hängt natürlich auch davon ab, wann der Verlag – falls es denn in einem Verlag erscheinen wird – es einplant. Wir versuchen, auf der Eis-und-Dampf-Seite immer mal wieder Einblicke in die Arbeit am Rollenspiel zu geben.

Du schreibst Romane und Rollenspielmaterial für Das Schwarze Auge. Was begeistert Dich daran? Einerseits dürfte DSA eindeutig das erfolgreichste Rollenspiel Deutschlands sein, andererseits stehen, um es euphemistisch auszudrücken, viele Rollenspieler dem Ganzen eher kritisch gegenüber? Woran liegt das Deiner Meinung nach?
Ich spiele selbst noch gar nicht so lange DSA – ich meine damit im Verhältnis zu Rollenspielern, die in den 80er Jahren damit angefangen haben. Ich spiele etwa seit 2003, also auch immerhin schon 11 Jahre, habe davor mit World of Darkness und Shadowrun meine ersten Rollenspielerschritte getan und bin am Anfang am Regelsystem vom Schwarzen Auge schier verzweifelt. ;)
Für DSA zu schreiben, hatte ich eigentlich nie wirklich vor, obwohl ich Vieles an der Welt mag und es auch die einzige RPG-Fantasy-Welt ist, in der ich mich herumtreibe, da ich klassischer Fantasy mit Elfen und Zwergen und Zauberern auch in der Literatur eigentlich herzlich wenig abgewinnen kann. Aber trotz sich dort herumtreibender Elfen und Zwerge und Zauberer hatten wir mit der Gruppendynamik bei DSA immer viel Spaß.

Einem Hinweis von Tom Finn folgend, habe ich Ende 2010 ein Romankonzept bei FanPro eingereicht, und irgendwie hat dann ab 2011 eins das andere ergeben. Es macht natürlich auch Spaß, etwas wie unser Battlestar-Galactica-inspiriertes Irrfahrt-Abenteuer Friedlos beizusteuern.
Ich verstehe aber auch den Frust, den viele mit DSA verbinden – die Regeln, die 30 Jahre, in denen Fäden gesponnen und verwoben und vielleicht auch hoffnungslos verknotet wurden … Es gibt immer weniger aktive Rollenspieler und immer mehr ehemalige, die nur noch Publikationen lesen, vielleicht mit dem leisen Traum, irgendwann doch mal wieder ‘ne Spielrunde zu gründen und zu spielen. Daher finde ich häufig, dass sich die Publikationen lesen, als würden sie eine spannende Geschichte vor dem Spielleiter ausbreiten, die sich jedoch für die Spieler oft schwierig umsetzen lässt.

Du arbeitest voraussichtlich nicht nur an dem Eis und Dampf-Rollenspiel. Welche Projekte treiben Dich darüber hinaus um? Wir sind wohl beide Fans der BBC-Serie The Musketeers. Soweit ich weiß, hast Du Dich letzthin auch literarisch mit Mantel & Degen beschäftigt. Planst Du in diesem Bereich etwas?
Gerade treibt mich mein vor vielen Jahren begonnenes Nerd-Fantasy-Projekt Die Geister des Landes um. Die Geister sind als Trilogie angelegt und drehen sich um einige Rollenspielernerds in der Eifel, die durch das Auftauchen von Mythengestalten und einer Firma von gesichtslosen Männern gezwungen sind, sich wie Buffy und ihre Scoobies aufzuführen. Ich schreibe gerade den abschließenden Band Aus der Tiefe.

Was The Musketeers angeht: Schon bevor ich die Serie gesehen habe, hatte ich mit Christian das Konzept zu einem historischen Abenteuerroman namens Federfechter ausgearbeitet. Zu unseren seltsamen Hobbies zählt das historische Fechten, und rund um Joachim Meyer hat sich im 16. Jahrhundert so einiges zugetragen, das hervorragenden Stoff für einen Roman bildet. Und nach den 10 Folgen der Musketeers-Serie und der erneuten Lektüre von Dumas‘ Original, das stellenweise noch abstruser und situationskomischer als die Serie ist, stand dann auch fest, in welche Richtung der Roman gehen soll. Der Roman ist gerade mit einer Literaturagentin unterwegs, wir waren rein aus Recherchegründen (*hust*) in Prag und würden uns freuen, wenn Federfechter das Licht der Welt erblicken würde.

Vielen Dank, Deine Gelegenheit noch etwas an die Leser loszuwerden.
Rollenspieler, spielt mehr Rollenspiel! Erwachsen zu sein, Familie zu haben, in einer anderen Stadt als die alten Nerd-Freunde zu wohnen, ist kein Grund, das olle Lieblingshobby an den Nagel zu hängen. Per Skype, per Forum, per neuer Rollenspielrunde: Ihr wollt es doch auch! ;)

Weitere Informationen über Eis und Dampf – Das Rollenspiel sind auf der Webseite des Projekts zu finden.

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