Games Workshop. Am 16. Januar 2014 veröffentlichte der britische Miniaturen- und Spielehersteller auf der firmeneigenen Webseite seine Geschäftszahlen des vergangenen halben Jahres. So wie es aussieht, lief es zuletzt geschäftlich alles andere als optimal.
Aus diesem Bericht:
In der szenenahen Blognachbarschaft ist der Aufruhr groß. Der Brückenkopf schrieb am 18.01.2014 Break: GW Deutschland wird geschlossen. Quellenangaben und eine Klarstellung reichte das Team später nach.
„Changes to operating structure
We have just announced a major re-organisation of our sales businesses to allow management by channel: retail, trade and direct. Our retail businesses will be consolidated under a single Retail Sales Manager for each of our key geographic areas – UK, Europe and North America. Trade sales will be consolidated into a global business, operating from Lenton, Nottingham.“
– Games Workshop: Half-Yearly Report (p. 2 – 16. Jan. 2014)
Im Internet wird vielerorts aufgeregt diskutiert und kommentiert.
„Die Revolution ist wie Saturn, sie frisst ihre eignen Kinder.“
– Georg Büchner (basierend auf einem Ausspruch von Pierre Vergniaud)
Ich persönlich schätze das in meinen Augen wirtschaftlich überaus aggressive Unternehmen aus Nottingham aufgrund eigener beruflicher Erfahrungen nicht. Das für Außenstehende oft sonderbare Management entscheidet über Arbeitsplätze und verantwortet immer wieder befremdende Vorgaben und Ziele. Erinnert sich noch jemand an den bizarren Durchsetzungsversuch der Space Marine-Rechte? Die gerade angekündigte Reorganisation und die augenscheinlich damit einhergehenden Kündigungen sind ohne Frage sehr bedauerlich. Ich möchte diesbezüglich nicht falsch verstanden werden. Gleichzeitig stellt sich indes die Frage, wie viele Jobs von Games Workshop mittelbar bedroht oder vernichtet wurden. Ich erinnere an diverse Vertriebsumstellungen überall auf der Welt.
In der Hobbybranche kenne ich kein Unternehmen, dass so eigensinnig und offensiv seine Produkte vertreibt und „Partner vollpumpt“ und bei Bedarf wieder fallen lässt. Wo wir gerade dabei sind. Wie viel muss wohl ein (End-)Kunde investieren, um „richtig“ in das „Games Workshop-Hobby“ einzusteigen, d. h, einigermaßen mithalten zu können? Apropos, mal sehen wie sich Fantasy Flight Games in den nächsten Jahren entwickelt. Aber das ist ein anderes Thema.
Zumindest ein bekannter Händler, stellte auf Grund der Knebelangebote von Games Workshop sein Warhammer-Engagement vor Kurzem wieder ein. Das Spielmaterial würde sich zwar gut verkaufen, aber es würde dabei nicht genügend hängenbleiben. Zugegebenermaßen ein anderer befreundeter Händler ist mit seinen Bedingungen und dem Umsatz zufrieden.
Doch wer einmal praktisch über Nacht mindestens 20% seines Umsatzes verlor, weil Games Workshop seine Konditionen radikal änderte, der weiß, dass der Konzern nicht gerade zimperlich vorgeht.
Sind die Grenzen des Wachstums erreicht oder droht eine Pleite? Dem Abgesang einiger möchte ich mich noch nicht anschließen, doch die für die Spiele notwendigen, immer größer und teurer werdenden Armeen gepaart mit einer beeindruckenden Hochpreispolitik, scheinen zumindest in der letzten Zeit nicht mehr genug Rendite abzuwerfen.
If your life is given in service to the Emperor, your death shall not be in vain.“
– Codex: Space Marines (pg. 58)
Sagen wir es mal so, die von dem Hersteller martialisch propagierte „inhaltliche Kälte“ seiner Spiele wirkt gepaart mit dem Geschäftsgebaren immer wieder zweifelerweckend auf mich.
Welchen Folgen wird der aktuelle Rückschlag nach sich ziehen? Auch wenn im Geschäftsbericht von „margins remain strong“ gesprochen wird, reagiert der Konzern entschieden mit signifikanten Organisations- und Zentralisierungsmaßnahmen. Soweit ich weiß, soll das Tochtenunternehmen Forge World direkt in das Unternehmen integriert werden. Die aktuellen Stellenausschreibungen (Current Vacancies) deuten ferner auf Bewegung hin.
In der Presse (z. B. „Games Workshop Shrinks“ in Scottish Daily Mail am 17. Jan. 2014) wird davon gesprochen, dass zumindest in bestimmten Läden („nonprofitable shop“) nur noch ein Mitarbeiter vorgesehen ist. Trotz der ökonomischen Hiobsbotschaft zeichnen sich interessanterweise bislang keine nachhaltigen Konsequenzen im Management ab. Man muss kein Prophet sein, um darauf zu schließen, dass weitere Nachspiele anstehen.
In der Diskussion mit „einem Branchenkenner“ kam vor einem halben Jahr eine spannende Frage auf: Wer kauft in der nächsten Zeit Games Workshop? Für wen ist das Unternehmen interessant?
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