Fate of the Norns: Ragnarok Saga: Fafnir’s Treasure, das von Andrew Valkauskas entwickelte und Pendelhaven veröffentlichte Wikinger-Rollenspiel Fate of the Norns existiert seit rund 20 Jahren.
Während die ersten beiden Editionen noch recht klassisch mit Würfeln und mehr oder weniger historisch ausgerichtet daherkommen, geht das über Kickstarter finanzierte Fate of the Norns: Ragnarok andere Wege. Es verwendet Runen und beruht auf Ragnarok (auch Ragnarök), der mythologischen Endzeit der Nordmänner und -Frauen.
Fate of the Norns: Ragnarok Saga: Fafnir’s Treasure beinhaltet die Schnellstartregeln und ein vorgefertigtes Sandbox-Abenteuer. Das Hauptregelwerk soll in den kommenden Monaten erscheinen.
Short Review – Kurzkritik:
Wegweisendes und stimmungsvolles Fantasy-Rollenspiel mit einem (zu) umfangreichen Kampfsystem, welches ansonsten vorbildlich Wikingermythen spielerisch näher bringt.
Preliminary Remarks – Vorbemerkungen:
Bereits vor der Kickstarter-Kampagane zu Fate of the Norns: Ragnarok stolperte ich über die Webseite des Autoren Andrew Valkauskas. Wir wechselten ein paar Mails über sein Rollenspiel und das geplante Crowdfunding-Projekt.
Kurze Zeit später begann die Schwarmfinanzierung. Ich unterstützte das Projekt, obwohl das Rollenspiel ein miniaturenlastiges Kampfsystem verwendet. Der mythologische Wikingerhintergrund und das runenbasierte Spielsystem klangen schlicht zu interessant.
Fate of the Norns: Ragnarok Saga: Fafnir’s Treasure wurde Unterstützern vorab als PDF zur Verfügung gestellt. Der folgende Ersteindruck beruht auf dieser Ausgabe.
„The Twilight of the gods nears,
Brother will kill brother,
Families sundered by incest,
Four ages afoot,
An Axe Age, A Sword Age,
Where shields are cloven,
A Wind Age, A Wolf Age,
Where the world falls,
No one shall be spared…“
-Voluspa
Content – Inhalt:
Fafnir’s Treasure beinhaltet auf 124 vollfarbigen Seiten sowohl die Einsteigerregeln als auch ein ausgearbeitetes Sandbox-Abenteuer.
Der Band beginnt mit einer Vorstellung der Welt von Midgard und des Zeitalters von Ragnarok (auch Ragnarök). Ein überschaubares Glossar erleichtert den Zugang zum vielfältigen Hintergrund. Die dargebotenen Kurzeindrücke geben einen Vorgeschmack und erzeugen eine Ahnung davon, welche Tiefe und Komplexität diese Mythen bieten.
Anschließend folgen die Spielregeln. Das Spiel verwendet nach eigenen Aussagen die 24 Runen der Wikinger, die ihrerseits in 3 Aetts farblich untergliedert sind. Rote Symbole stehen für physische, blaue Symbole für mentale oder geistige und grüne Symbole schließlich für spirituelle Aspekte.
Die Essenz der Charaktere legt fest, über wie viele Runen sie verfügen. In diesem vereinfachten Spiel sind es 6 unterschiedliche Runen und die Spezialrune Ginungagap (Void).
Im Falle einer kritischen Situation bestimmt der Spielleiter, hier Norn genannt, sowohl den erforderlichen Aspekt, die Fähigkeit als auch den Schwierigkeitsgrad der Probe (0 = Erfolg, 5 = sehr unwahrscheinlich). Die Spieler ziehen alsdann verdeckt eine ihrem Schicksal entsprechende Anzahl von Runen und addieren etwaige Fähigkeitswerte hinzu. Entspricht oder übersteigt die Summe den Schwierigkeitsgrad, gelingt die Aktion. Andersfarbige oder unpassende Runen können dabei jederzeit im Verhältnis 2:1 eingetauscht werden.
Dieses einfache Grundgerüst wird für das Kampfsystem erheblich erweitert. Es gibt aktive und passive Kräfte. Erstgenannte werden durch bestimmte Runen gesteuert, während letztere immer wirksam sind.
Die Regeln gehen davon aus, dass Miniaturen auf einem Hex-Spielfeld genutzt werden. Bestimmte Runenkombinationen beeinflussen die Wirkungsweise und -dauer der Kräfte.
Das Spiel kennt keine Lebens- oder Trefferpunkte, stattdessen reduziert Schaden die Anzahl der verfügbaren Runen. Diese werden auf einer Playmat (eine Art Spielplan) verschoben. Landen die Runen auf dem Tod, stirbt der Charakter, aber das Ableben muss nicht das Ende der Spielfigur bedeuten. In diesem apokalyptischen Zeitalter schicken die Götter ihre Diener bei Bedarf wieder zurück in die letzte Auseinandersetzung.
Auch das eigentliche Ausspielen der Runen erfolgt gleichfalls über diese Playmat. Die Void-Rune wandert dabei niemals in den Schadensbereich. Das Kampfsystem bietet bereits in dieser vereinfachten Regelvariante eine Vielzahl ungewöhnlicher Finessen und Herausforderungen.
Eine Aufstellung mit besonderen Konditionen, wie z. B. blind, verflucht, besessen etc. unterstreicht den Eindruck, dass Konflikte die eine oder andere knifflige Entscheidungen den Spielern abverlangen.
Man braucht ein paar Augenblicke, um sich in diesen ungewöhnlichen Spielansatz hinein zu denken.
Eine ausführliche Ausrüstungsliste mit Waffen, Rüstungen, Vieh und selbst Langschiffen lässt kaum Wünsche offen und beendet den Regelteil.
Schließlich folgt das Sandbox-Abenteuer The Search for Fafnir’s Treasure auf rund 60 Seiten. Fünf vorgefertigte Charaktere stehen für die ersten Schritte zur Auswahl.
Ein Regelglossar und diverse Druckvorlagen mit Spielhilfen (Playmat für Spieler, Spielleiter, Runen, usw.) beschließen die Schnellstartregeln Fate of the Norns: Ragnarok Saga: Fafnir’s Treasure.
Plot, Story – Handlung, Geschichte:
ACHTUNG SPOILER! Die Charaktere, nein, in diesem Fall sind es eher Helden, kommen zu dem teilweise verwüsteten Außenposten Evingard.
Verwundete werden in der Nähe des Tores behandelt. Für andere kommt jede Hilfe zu spät. Im Laufe der Geschichte können sich die Protagonisten auf die Seite der Aesir (Götter – Odin, usw.) oder der Jötunn (Riesen) schlagen.
Auch die sterblichen Anwohner aus Evingard bieten ausreichend Stoff für die eine oder andere „Heldentat“.
Der Spielleiter wird dazu angehalten, das Setting individuell anzupassen. Beispielsweise sieht Fafnirs Schatz immer wieder anders aus. Das Material bietet bereits einige Optionen.
Style – Stil:
Durch den ganzen Band ziehen sich viele kleine stilisierte blutrote Zeichnungen und Skizzen von Helena Rosova. Auch ihre farbigen Abbildungen erzeugen ein Gefühl von Authentizität. Die Integration von Inhalt, grafischen Elementen und Bildern fügt sich zu einem harmonischen Gesamtbild zusammen. Im Hobbybereich gibt es meines Wissens wenig Vergleichbares.
Final Verdict – Fazit:
Beeindruckend kommt einem als allererstes in den Sinn, wenn man sich mit dieser Rollenspielvorschau beschäftigt. Das Hantieren mit Runen, die Präsentation und das Abenteuer gewähren eine ausgezeichnete Aussicht auf diese glaubwürdige Welt der übermenschlichen Helden und Ihrer epischen Taten.
Die grundsätzlich einfache Kernmechanik mit den Runen unterstützt das Geschichtenerzählen atmosphärisch.
Auf der anderen Seite steht gleichsam das verzwickte und fordernde Kampfsystem, das sich klar an Tischtaktiker richtet. Fans der Rollenspiele Pathfinder RPG oder von Dungeons & Dragons 4th Edition stoßen hier unter Umständen in neue Dimensionen vor. Bei Fate of the Norns geht es anders zur Sache. Es gehen keine bedeutungslosen Hit Points verloren. Schaden reduziert die Handlungsoptionen spürbar.
Der Tradition zum Trotz halte ich das Spielen mit Miniaturen im Rollenspiel für einen Irrweg. Dementsprechend stoße ich mich an diesem Teil des Spiels. Er gefällt mir nicht, trifft aber sicherlich den Nerv anderer Spielstile sehr gut.
Darüber hinaus kann man Fate of the Norns: Ragnarok Saga: Fafnir’s Treasure mit Fug und Recht als kleines stilistisches Meisterwerk bezeichnen. Bereits diese Schnellstartregeln sind etwas Besonderes in jeder noch so umfangreichen Rollenspielsammlung.
Solange das Hobby solche kreativen Ansätze hervorbringt, muss man sich keine Sorgen um die Zukunft der schönsten Freizeitbeschäftigung der Welt machen. Es gibt noch immer spannende Rollenspiele zu entdecken.
Er wird Zeit, dass das vollständige Regelwerk von Fate of the Norns: Ragnarok erscheint!
„Welcome to the beginning of the end!“
– Fate of the Norns: Ragnarok slogan
The Good – Dinge, die mir gefielen
+ Kreative Ideen (z. B. Runen)
+ Der mythische Wikingerhintergrund wird spielgerecht und fantasievoll dargeboten
+ Die Verbindung von Spielwelt, grundsätzlicher Spielmechanik und Präsentation hat etwas Einmaliges
+ Das Sandbox-Abenteuer bietet ausreichend Spielstoff für mehrere stimmungsvolle Abende
+ Sehr netter und hilfsbereiter Autor, der Fragen vorausschauend beantwortet
The Bad – Dinge, die mir nicht gefallen:
– Kampfsystem bricht ein wenig mit dem Rest des Spiels. Kleinteilig wendet es sich an Freizeitkriegskünstler, die gerne Miniaturen über den Rollenspieltisch manövrieren. Mutige Anhänger von Dungeons & Dragons 4th Edition oder des Pathfinder RPGs erfreuen sich voraussichtlich an dieser herausfordernden Variante
The Ugly – Dinge, die ich (noch) nicht bewerte
~ Die Typografie des Textes wirkt vergleichsweise normal, bleibt aber immer gut lesbar
~ Die elektronische Ausgabe ist recht groß und beim Lesen etwas träge
~ Einige Augenblicke sind vonnöten um sich an die ungewöhnliche Spielmechanik zu gewöhnen
In den nächsten Tagen folgt ein ausführliches Interview mit dem Autoren.
Images: Helena Rosova, Pendelhaven
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