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„Schnutenbach“: Ein Interview mit dem Autor Karl-Heinz Zapf

“Schnutenbach – Böses kommt auf leisen Sohlen”: Okay, ich gebe es offen und ehrlich zu. Ich bin voreingenommen. Ich werde auf der SPIEL ’12 den Stand des Mantikore-Verlags (Halle 6 Stand 607) heimsuchen und mehr als einen Blick auf diese Dorfbeschreibung von Karl-Heinz Zapf werfen.
Nicht weiter verraten, aber man munkelt, dass der Autor ebenfalls diese Veranstaltungen besucht und dort einen „teuflischen Laden“ tatkräftig unterstützt. Er setzt sicherlich, sein Zeichen auf eine Kopie seines Werks, wenn man ihn darum bittet …

Nach der ersten Vorschau folgt jetzt das angekündigte Interview.

Ingo: Hallo Karl-Heinz! Wir kennen uns nun seit bestimmt zwei Jahrzehnten. Du warst und bist immer sehr umtriebig in der Rollenspielszene.
Stell Dich doch bitte kurz vor? Wie bist Du zum Rollenspiel gekommen? Was bedeutet Dir dieses Hobby heute? Welche Spiele bewegen Dich noch immer und was zieht Dich an den Spieltisch?

"Schnutenbach": Mehr als nur ein Anwohner?

„Schnutenbach“: Mehr als nur ein Anwohner?

Karl-Heinz: Was das Hobby Rollenspiel angeht, bin ich wohl wirklich ein „alter Hase“. Los ging es – wie bei vielen – mit der ersten Ausgabe von „DSA“, das ich damals noch ganz normal im Buchhandel gekauft habe. Vorher hatte ich zwar schon mal in „Schwerter & Dämonen“ reingeschnuppert, aber die Idee dahinter hatte sich mir leider nicht erschlossen. Und prompt bin ich nach meinem ersten „DSA2“-Erlebnis hängen geblieben, denn unsere Augsburger Gruppe war ab 1984 also wie wild am rollenspielen und da ich schon einige Erfahrungen beim Schreiben von Kurzgeschichten für Fanzines hatte, lag es nahe, dass ich mich bald an meine ersten eigenen Abenteuer machte. Irgendwann fasste ich den irrsinnigen Plan, ein eigenes Rollenspiel-Regelwerk zu ver“zapf“en, das mit Hilfe von zwei Freunden im Jahr 1989 in kleiner Auflage im Eigenverlag erschienen ist – nämlich das berühmt-berüchtigte „Mächte, Mythen, Moddermonster“. In den letzten Jahren habe ich dann vor allem Abenteuer für verschiedene Magazine veröffentlicht, unter anderem z. B im „Mephisto“ und „Anduin“. Ich bin häufig auf Messen und Conventions anzutreffen und nebenzu als Redakteur im Bereich LARP und Events für das Online-Magazin „SpielXPress“ tätig …

Spannende Spiele – die ich übrigens am allerliebsten ohne jeglichen Zeitdruck auf Conventions spiele – schlagen mich auch nach all diesen Jahren nach wie vor in ihren Bann. Dabei ist es eigentlich egal, ob gutes Brett- oder Rollenspiel, ab und zu gönne ich mir auch eine Trading Card-Runde oder ein Tabletop. Die Begeisterung über unser kreatives und kommunikatives Hobby „Spiel“ hat mich nie ganz losgelassen – und ich freue mich stets sehr darüber, auf einer Con mit mir völlig unbekannten Personen am Tisch zu sitzen und diese über das gemeinsame Spiel dann kennenzulernen. Dabei habe ich schon sehr viele interessante und vor allem überraschende Situationen erleben dürfen.

Zu meinen absoluten Favoriten unter den Rollenspielen zählen immer noch „Warhammer Fantasy RPG“ sowie „Call of Cthulhu“, vor allem wegen des guten Hintergrundmaterials und weil ich absolut kein Regelfetischist bin. Denn meiner Meinung nach benötigt man für gutes Rollenspiel keine ausufernden Regelwerke. Aber ich bin ebenfalls ein großer Fan von solchen deutschen Genre-Perlen wie „Degenesis“ oder „Opus Anima“, da ich ganz gut nachvollziehen kann, wie viel Liebe und Arbeit da drin steckt, aber auch, weil beide einen richtig coolen Background haben. „Magic: The Gathering“ zocke ich hin und wieder gerne und Brettspiele mit schönem Artwork und einer Tonne Plastik (wie z. B. „Descent – Journeys in the Dark“, „Arkham Horror“ oder „Der Eiserne Thron“) haben bei mir auch einen festen Platz.

Ingo: Dein Projekt „Schnutenbach“, eine universelle Dorfbeschreibung für alle Fantasy-Rollenspielsysteme, wird bald durch den Mantikore-Verlag veröffentlicht und voraussichtlich auf der „Spiel `12“ erstmals verkauft. Eine frühe Ausgabe von „Schnutenbach“ geistert seit einigen Jahren als Hobbyprojekt durch das Fandom. Vormals war dieses Dorf in einer bekannten alten Welt angesiedelt. Sicherlich hast Du die Ortsbeschreibung für diese systemunabhängige Veröffentlichung überarbeitet und offener gestaltet. Worum geht es generell bei dieser Dorfbeschreibung, erzähl doch ein wenig über den Ursprung und wie sich das Dorf mittlerweile veränderte.

"Schnutenbach": Ein typischer Bauernhof

„Schnutenbach“: Ein typischer Bauernhof

Karl-Heinz: Tatsächlich gibt es diese Dorfbeschreibung nun schon relativ lange, nämlich ca. 15 Jahre! Damals spielte unsere Gruppe eine längere Kampagne in der „Alten Welt“, und da ich relativ viele Abenteuer dafür selbst verfasste, kam mir irgendwann die Idee, sozusagen als Basis für die Abenteurergruppe ein kleines Dorf ins Leben zu rufen. Natürlich inklusive vieler schillernder Charaktere und dem obligatorischen dunklen Geheimnis. Was anfangs wirklich nur als Gag für unsere eigene Gruppe begonnen hatte, entwickelte sich dann mehr oder weniger zum Selbstläufer und mit vielen langen Pausen arbeitete ich diese Ansiedlung namens „Schnutenbach“ immer weiter aus und fügte vor allem Abenteuer an, die dort ihren Ursprung nahmen. Es erschien in gedruckter Form bereits im Jahr 2000 in einer winzigen Auflage und in (leider) miserabler Bindung zur „SPIEL“, wo es an unserem Vereinsstand angeboten wurde. Außerdem ist es in Auszügen bereits auf der Homepage des fantastischen „Warpstone“ und im Magazin „Anduin“ sowie als PDF-Version auf CD erschienen. Aber seit diesen Veröffentlichungen hat sich extrem viel geändert: Das neue Buch hat einen komplett überarbeiteten und stark erweiterten Inhalt (mehr als doppelt so viele Seiten) sowie natürlich ein völlig neues Artwork und Layout. Fast alle angetroffenen Charaktere haben ihr eigenes, aussagekräftiges Porträt und eine umfangreiche Beschreibung bekommen und so gut wie alle Fehler und Mängel wurden ausgebügelt – das hoffe ich zumindest. Sehr viele Personen sind jetzt hinzugekommen und die Grafiken zu den wichtigsten Gebäuden des Dorfes sind ebenfalls alle komplett neu. Wer noch die alte Version kennt, wird bestimmt überrascht sein, wie sich das Gesicht „Schnutenbachs“ gewandelt hat.

Ingo: Was gefällt Dir besonders gut? Welches Verbesserungspotenzial siehst Du bezüglich „Schnutenbach“?

Karl-Heinz: Um ganz ehrlich zu sein, war es nach so vielen Stunden der kreativen Arbeit ein echter Herzenswunsch von mir, diese Dorfbeschreibung endlich einmal in ordentlich gedruckter Form auch einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Mir ist völlig bewusst, dass „Schnutenbach“ alles andere als perfekt ist – immerhin ist es bis auf die Grafiken sozusagen eine „One-Man-Show“, aber irgendwo muss ja auch noch Luft nach oben sein. Als sofort spielbereite Basis für ein schönes Kampagnenspiel bietet sich das Dorf in jedem Fall an und ich finde, in der deutschen Rollenspielszene fehlte schon lange mal wieder eine solche Dorfbeschreibung. Besonders gut gefällt mir persönlich am Buch, dass wirklich fast alle Charaktere bzw. Einwohner des Dorfes und die angetroffenen Kreaturen sowohl umfangreiche Beschreibungen und ihr Porträt besitzen, sodass der Spielleiter – und damit auch die Spieler – gleich wissen, wer ihnen da gegenübersteht. Außerdem kann man mit der Dorfbeschreibung eigentlich sofort losspielen, denn neben dem Dorf selbst sind in dem prall gefüllten Band auch mehrere kleine und größere Abenteuer sowie eine ausführliche Begegnungsliste enthalten. Mir war immer wichtig, auch das umzusetzen, was ich als Leser und Spielleiter eines solchen Bandes erwarte. Ich habe auch bereits mehrere Abenteuer und einen Erweiterungsband mit vielen Informationen und Beschreibungen zur Umgebung Schnutenbachs vorbereitet, die Geschichte ist also noch lange nicht am Ende. Was man noch besser machen könnte? Das werden wohl die Leser entscheiden, denn es ist klar, dass ich noch jahrelang an dem Buch hätte herumtüfteln können, wirklich „perfekt“ wäre es wohl nie geworden; so aber hoffe ich, den Käufern eine tolle Dorfbeschreibung mit vielen Ideen und farbenfrohen Charakteren zu einem fairen Preis anbieten zu können. Und ich denke, das ist auch ganz gut gelungen.

Ingo: Gibt es darüber hinausgehend weitere Ideen rund um „Schnutenbach“? Plant ihr beispielsweise eine entsprechende Abenteuersammlung oder gar eine Kampagne? Gibt es diesbezüglich eine konkrete Planung?

Karl-Heinz: Wie bereits kurz erwähnt habe ich das Material für drei komplette Abenteuerbände schon hier vorliegen, die wohl ab dem kommenden Jahr so nach und nach publiziert werden. Besonders erwähnenswert ist auch der Ausbauband „Schnutenbach – Jenseits der Grenzen“, in dem neben neuen Abenteuern dann auch die Burg der Fürstin von Geissler, eine geheime Elfensiedlung und vor allem das Nachbardorf Stammhausen beschrieben werden sollen. Ideen habe ich auf jeden Fall noch mehr als genug …

Ingo: Herzlichen Dank für dieses Interview. An dieser Stelle bietet sich die Gelegenheit, ein paar Worte über Deine aktuellen Pläne und Projekte zu verlieren. Was steht bei Dir als Nächstes an?

Karl-Heinz: Da ich ja auch sehr stark in der LARP-Szene aktiv bin, habe ich ins Auge gefasst, eventuell ein unabhängiges LARP-Regelwerk zu verfassen und ordentlich zu publizieren. Mit „Leuenhall LIVE“ liegt die erste Edition dieses Werkes ja eigentlich schon als PDF vor, allerdings müsste es natürlich noch stark überarbeitet werden. Außerdem wird es vielleicht ein „old school“-RPG-Magazin geben, zu dem ich aber noch nicht Näheres verraten kann – nur soviel: Auf der diesjährigen SPIEL werden da wohl auch endlich Nägel mit Köpfen gemacht.

Quellen:
“Schnutenbach – Böses kommt auf leisen Sohlen” im Verlagsprogramm des Mantikore-Verlags
obskures.de: „Schnutenbach“-Vorschau
„Leuenhall LIVE“-Homepage

Bildnachweis: Freigabe durch den Autoren via Email am 04.10.2012

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