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Ersteindruck „Iron Kingdoms: Core Rules – Full Metal Fantasy Roleplaying Fantasy Game“

"Iron Kindgoms: Core Rules"-Cover

„Iron Kindgoms: Core Rules“-Cover

„Iron Kingdoms: Core Rules“: Das neue Privateer Press- Rollenspiel zu den beiden hauseigenen Tabletop-Miniaturenspielen „Warmachine“ und „Hordes“ steht mittlerweile im Handel zum Verkauf.

Das geschätzte Blog „Stargazer’s World“ veröffentlichte vor Kurzem eine wohlwollende Vorabbesprechung zu dieser Neuerscheinung.
Angeregt von diesem Beitrag und dem grundsätzlichen Interesse gegenüber den „Eisernen Königreichen“ landete das neue Werk schnellstmöglich auf meinem Schreibtisch.
Die beiden ersten Rollenspielregelbücher, „Iron Kingdoms Character Guide“ und „Iron Kingdoms World Guide“, basierend auf dem „d20“-System („OGL“, und damit mehr oder weniger „Dungeons & Dragons 3.X“) sind noch in guter Erinnerung.

Bedauerlicherweise knüpft das neue Rollenspiel „Iron Kingdoms: Core Rules“ weder an die Qualität der Vergangenheit noch an die vorab durch Besprechungen geweckten Erwartungen an.

Besonders zartbesaitete oder getreue Anhänger der „Iron Kingdoms“ sollten an dieser Stelle besser aussteigen und sich etwas anderem widmen. Es folgt ein totaler Verriss auf Basis meines Ersteindrucks, der zumindest meine Kaufentscheidungen bestimmt. Ersteindruck bedeutet, ich habe einige wertvolle Stunden meines Leben damit verbracht, d.h. verschiedene Stellen „angelesen“, zumindest solange es erträglich war.

Die „Iron Kingdoms: Core Rules“ sind nach meinem Dafürhalten ein kunterbunter ideenloser Vollflop auf rund 360 Farbseiten und für offiziell 59,99$.

Die ersten beinahe 100 Seiten sind der Geschichte und dem Leben in „Western Immoren“ oder den „Iron Kingdoms“ gewidmet. Von der Kosmologie über Länder, Rassen, Völker, Sprachen, Alchemie, Magie, Gesetz, Ausbildung, Handel, Währungen bis hin zum Militär und der Religion wird die Spielwelt vorgestellt. Okay, soweit so gut. Wenig Neues im Westen. Bereits hier fehlt ein brauchbarer Rollenspielbezug. Unterm Strich bleibt ein nahezu generischer Fantasy-Hintergrund mit Industrialisierung, „Dampfmaschinen-Robotern“ und Schusswaffen langatmig und ausschweifend trocken runter erzählt.

"Iron Kingdoms RPG": Careers

„Iron Kingdoms RPG“: Careers

Die nächsten etwas mehr als 60 Seiten beschäftigen sich mit der Charaktererschaffung.
Zunächst bietet das System die üblichen Verdächtigen im Hinblick auf die Attribute (Stärke, Geschicklichkeit, Wahrnehmung etc.) und abgeleiteten Werte (Verteidigung, Initiative, Rüstung, etc.) der Spielercharaktere.
Die wählbaren Rassen (Mensch, Zwerg, „Gobber“ (Goblin), „Iosan“ (Elf), „Nyss“ (Elf), „Ogrun“ (Orks) und „Trollkin“ (Trolle)) beeinflussen die Mindest-, Höchstwerte der Attribute, mögliche Archetypen und sonstige Spezialeigenschaften der Rasse.
Die vier Archetypen „Gifted“ (Magiebegabte), „Intellectual“ (Planer, „Anführer“), „Mighty“ (Kämpfer) und „Skilled“ (Ausgebildete, „Schurke“) erinnern stark an Online-Rollenspiele oder die aktuelle Klassifizierung von „Dungons & Dragons 4th Edition“.

Anschließend stehen 28 Karrieren vom „Alchemist“ über den „Gun Mage“ bis zum „Warcaster“ zur Auswahl. Charaktere kombinieren grundsätzlich zwei Karrieren. Denkbare Karrierrekombinationen sind beispielsweise der „Aristocrat“-„Duelist“, der „Pirate“-„Explorer“ oder der „Sorcerer“-„Spy“.
Eine ähnliche Idee gab es bereits in „Dust Devils Revenged“ bei der die „berufliche“ Vergangenheit und Gegenwart die Spielfiguren mitdefiniert, aber immerhin ergibt sich in diesem Fall eine beachtliche Karrierevielfalt.
Es ist davon auszugehen, dass regelschlaue „Powergamer“ alsbald verheerende Zusammenstellungen basteln. Ansonsten erinnern die Karrieren an das „Warhammer Fantasy Roleplay“. Jede Karriere bringt Fähigkeiten („Skills“), Spezialfähigkeiten („Abilities“), Grundausrüstung und soziale Verbindungen mit sich.
Abschließend wählen die Spieler noch einen Gruppentyp wie z.B. Gesetzlose, Spionagering oder Söldner aus.
Die Spezialfähigkeiten („Abilities“) bedienen sich kräftig bei den „Feats“ von „Dungeons & Dragons“.

Die „Multiclassing“-Idee könnte tatsächlich im Spiel ganz nett sein, ansonsten kopiert das Spiel routiniert Konzepte von „Dungeons & Dragons“ oder „Pathfinder“.

Die Rollenspielmechanismen sind an die Tabletop-Miniaturenspiele angelehnt. Also wird in der Regel die Summe von zwei 6-seitigen Würfeln plus Attribut plus Fähigkeitsniveau mit einem Schwierigkeitsgrad verglichen.

"Iron Kingdoms RPG": Combat system

„Iron Kingdoms RPG“: Combat system

Mit dem Kampfsystem beginnt der vollkommene Absturz. Auf rund 25 Seiten erklären die Autoren detailliert, wie sie sich den Kampf mit Miniaturen und Maßband (!) vorstellen. Keine Ahnung, ob hier einfach das Kampfsystem der Miniaturenspiele kopiert wurde, aber vermutlich meint der Verlag diese miserable Übertragung vom Tabletop („Kriegsspiel“) hin zum „erzählerischen“ Rollenspiel ernst.
Irgendwo versteckt gibt es einen -kurzen- Hinweis, dass es auch ohne Miniaturen geht, aber der Spielleiter muss dann die Geschehnisse wesentlich genauer beschreiben und ggf. Kampf- und Zaubereffekte etwas abstrahieren (S. 339). Aha?!

"Iron Kingdoms RPG": Steamjacks

„Iron Kingdoms RPG“: Steamjacks

Das Magiesystem schließt direkt auf zu dieser Meisterleistung der Fantasielosigkeit. Exemplarisch sei der Zauberspruch „Arcane Bolt“ als „Magical bolts of energy streak toward the target.“ beschrieben. Nach ein, zwei Seiten und einigen weiteren Stichproben des namenlosen Grauens der magischen Monotonie ohne einen Nicht-Kampfzauber geht es weiter zum Kapitel mit Ausrüstung, Mechanika und Alchemie mit immerhin beinahe 80 Seiten. Die Buchstaben- und kleinteilige Bonusschlacht geht unverzagt weiter. Alchemie sind Heilmittel oder Bomben und genügen der Magiephilosophie der aktuellen „Iron Kingdoms„. Analog gestalten sich die Regeln für die Konstruktion der Steamjacks (besagte „Dampfmaschinen-Roboter“).

Die verbliebenen 20 (!) von rund 360 Seiten sind dem Spielleiter und ein paar wenigen Antagonisten (Monstern) gewidmet.

Wo versteckt sich das spielbare Beispielsetting oder ein Einstiegsabenteuer? Die Beschreibung der alchemistischen Bomben wirkt ausführlicher als die Hinweise zur Abenteuer-, Kampagnen- und Spielgestaltung.

Die „Iron Kingdoms: Core Rules“ dienen augenscheinlich einem einzigen Zweck, dem Verkauf möglichst vieler „Warmachine“ und „Hordes“-Miniaturen. Keine Ahnung, ob Privateer Press damit zurück zum Rollenspiel-Tabletopursprung („Chainmail“) zurück will, aber so ein gehaltloses papierverschwenderisches Blendwerk Rollenspiel zu nennen, welches in weiten Teilen schamlos und stumpfsinnig Konzepte von „Dungeons & Dragons“ oder „Pathfinder“ kopiert und lediglich ein wenig umbenennt, dürfte an Dreistigkeit kaum zu überbieten sein.
Diese Kritik basiert nicht auf einem kostenlosen Muster. Meine Kopie wird zeitnah umgetauscht!
Leider taugen die neuen „Iron Kingdoms“ weder als …-Lektüre noch als überteuertes …-Papier. Von einem Sammelobjekt kann jedenfalls keine Rede sein. Selbst die mitunter ganz netten bunten Bildchen überzeugen nicht davon, diese Makulatur ins Regal zu stellen.

Die „Iron Kingdoms: Core Rules“ bleiben als einziges unzeitgemäßes und überflüssiges Ärgernis in Erinnerung.

Interessierte Rollenspieler sollten sich die alten „d20“-Bücher beschaffen und vielleicht mit dem flexiblen „Savage Worlds“-Rollenspiel selbst etwas zaubern, falls ihnen das alte System nicht gefällt. Besser noch, sie investieren ihr Geld beispielsweise in „Malmsturm“.

Quellen:
„Iron Kingdoms: Core Rules“-Homepage von Privateer Press
„Stargazer’s World“-Review der „Iron Kingdoms: Core Rules“

Bildnachweis: Private „Unboxing“-Bilder des Rollenspiels „Iron Kingdoms: Core Rules“

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