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Ein anderes „D&D Next“? „13th Age Escalation Edition“ & „13 True Ways“-Kickstarter

Machen wir uns nichts vor. Selbst wenn der große Bruder „Dungeons & Dragons 4th Edition“ gegenwärtig ein wenig schwächelt, zusammen mit seinen Geschwistern wie „Pathfinder“ und bald auch „13th Age“ werden sie den Rollenspielmarkt auf absehbare Zeit weiterhin fest im Griff behalten.

"13th Age"-Cover

„13th Age“-Cover

„13th Age“ – das neue Fantasy-Rollenspiel von Jonathan Tweet – „Dungeons & Dragons 3rd Edition“ und Rob Heinsoo – „Dungeons & Dragons 4th Edition“, wird über Pelgrane Press veröffentlicht. Gegenwärtig beinhaltet „13th Age Escalation Edition“ die dritte Vorabversion.
Die ersten beiden Testversionen von „Dungeons & Dragons Next“ lassen darauf schließen, dass der Stammvater aufgrund des Marktdrucks wieder mehr in Richtung „Advanced Dungeons & Dragons“ und „Dungeons & Dragons 3rd Edition“ geht. Es ist schwierig zu sagen, ob die Macher, Wizards of the Coast, mit diesem Ansatz verlorene Marktanteile wieder zurückgewinnen können. (Schlagwort: Wer will z.B. wieder zurück zur „Vancian Magie“?) In jedem Fall ist Zweifel angebracht. Die Nähe zum aktuellen Platzhirsch „Pathfinder“ von Paizo scheint zu groß.

„13th Age“ geht einen anderen Weg. Die bekannten Autoren greifen wesentliche Ideen und Konzepte vergangener „Dungeons & Dragons“-Editionen auf und öffnen diesen Ansatz gegenüber Einflüssen anderer Rollenspiele insbesondere aus der Indieszene.
Für Erfolgsproben wird ein 20-seitiger Würfel (W20) genutzt und zu dem jeweiligen Ergebnis verschiedene Modifikatoren addiert. Diese Summe wird mit einem Wert für den Schwierigkeitsgrad oder den Widerstand verglichen.
Der Einsatz von Kräften erfolgt jederzeit (at-will), pro Kampf (battle), etc..

Im Vergleich zu anderen Varianten, wie beispielsweise „Pathfinder“ wirkt „13th Age“ geradezu regelleicht (rules-light). Über feine Details bricht das Spiel gewohnte Stereotypen auf. Die bekannte Aufteilung aus Rasse, Klasse und Stufe wird unter anderem ergänzt durch eine weitestgehend frei bestimmbare individuelle Besonderheit und Beziehungen zu sogenannten „Icons“ – den treibenden Archetypen und Kräften der Spielwelt. Hierzu gehören unter anderem die Elfenkönigin, der Hochdruide oder etwa der Prinz der Schatten. Alleine aus diesen vorteil- und nachteilhaften Beziehungen kann der Spielleiter Abenteuer entwickeln.
Anstelle einer schlichten Punkteverteilung auf eine vorgefertigte Fähigkeitsliste, beeinflussen die Charakterhintergründe den jeweiligen Aktionsbonus. Das Scheitern von Aktionen führt nicht zwingend dazu, dass die Werte nicht ausreichend waren und das Ziel nicht erreicht wird, vielmehr schlägt das System eine Art „vorwärtsfallen“ (fail forward) vor, d.h. bei einer kreativen Interpretation gelingt die Aktion, allerdings mit Seiteneffekten oder Folgekomplikationen. Das Spiel soll nicht ins Stocken geraten, weil ein Wurf misslingt. Nach Möglichkeit soll es interessanter werden.
Gemeinhin verzichtet das Kampfsystem auf einen Spielplan (battlemap oder grid). Bei Bedarf kann weiterhin diese aufwendigere Option genutzt werden. Der sogenannte „Escalation Die“ soll Auseinandersetzungen verkürzen, indem er den Charakteren von Runde zu Runde zu einem wachsenden Kampfbonus verhilft. Andererseits löst das Fortschreiten des Vorteils möglicherweise überraschende und unschöne Besonderheiten bei den Monstern aus.
Sofern die Charaktere nicht vollkommen versagen, steigen sie im Rahmen bestimmter Vorgaben nach jeder Sitzung schrittweise ein wenig auf und lernen beispielsweise neue Kräfte/Zauber, verbessern ihre Werte oder Trefferpunkte.

„13th Age“, bekennt sich klar zu seinen „Dungeons & Dragons“-Wurzeln, öffnet sich dabei gleichzeitig gegenüber anderen Spielansätzen. Bemerkenswerterweise fehlt noch immer eine erzählerische Währung für Spieler, um etwa verpatzte Würfe oder unglückliche Situationen, doch zu ihren Gunsten zu wenden. Viele moderne Systeme erlauben dies über Schicksalspunkte, Glück, Bennies.

„13th Age“ befindet sich gegenwärtig noch in der Entwicklung. Vorbesteller erhalten derzeit zunächst vorab die 3. Inkarnation des Grundregelwerks in elektronischer Form (PDF). Im Wesentlichen steht das System. Das Team arbeitet noch an einigen Regelkleinigkeiten und dem Layout. Das Besondere an dem Spiel ist der Bau- und Werkzeugkasten-Charakter dieser „Dungeon & Dragons“-Interpretation. Selbst die, die andere Varianten oder gar Spielsysteme bevorzugen, werden durch das Spiel bereits beim Lesen angeregt, diesen oder jenen Teil zu übernehmen. Gleichwohl macht das Spiel einen vollständigen und in sich geschlossenen Eindruck.
Mit Fug und Recht reiht sich „13th Age“ als ernster Mitbewerber neben „Dungeons & Dragons Next“ und „Pathfinder“ ein. Anders als diese beiden Genrevertreter inspiriert dieses Spiel, spannende Regelteile einfach in das bevorzugte Spiel(-system) zu übernehmen oder gar eigene Vorstellungen in die Regeln und die Spielwelt einzubauen. Hausregeln gehören ohnehin beinahe zum guten Ton, hier wird dies Teil der Spielphilosophie. Die Einführung einer Art Schicksalspunkte bietet sich bei Bedarf an. Es entsteht dabei nicht das Gefühl gegen irgendeinen Kanon zu verstoßen, weil das nächste Quellenbuch dies regeln wird.
„13th Age“ stellt aktuell eines der interessantesten „Dungeons & Dragons“-Angebote dar. Old School-Fans können sich genauso in dem System wiederfinden wie bestehende „Dungeons & Dragons“ / „Pathfinder“-Anhänger oder interessierte Indie-Rollenspieler.

Also im Auge behalten …

Wie wäre eine „Dungeeonslayers“ oder „Runequest“-Kampagne mit den bezaubernden Icons?
Wie spielt sich „Dungeons & Dragons 4. Edition“ ohne Spielplan?
Welche Auswirkungen hätte ein schrittweiser Stufenanstieg auf eine „Pathfinder“-Runde?

Über Kickstarter bieten die Autoren „13 True Ways“, den ersten Quellenband, an. Die Ankündigung sieht im Wesentlichen neue Klassen und Kräfte/Zauber für Spieler sowie weiteres Material über die Spielwelt und Spielwerte für Icons, Monster für Spielleiter vor.

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